Podiumsdiskussion

Unsere Bühne! Unsere Stadt? – gastarbajteri und ihr Wien

Teil des RECET Festivals der Geschichts- und Sozialwissenschaften "Migration & Transformation"

    Wien ist eine Stadt der Migration. Zuwanderung und Vielheit prägen sie. Unermüdlich setzen sich künstlerische und aktivistische Stimmen dafür ein, diese politische und gesellschaftliche Realität Wiens sichtbar zu machen. In Literatur, Liedern und Lyrics, in geplanten Denkmälern und stattfindenden Performances sowie in engagiertem Aktivismus und Kampf um Anerkennung artikulieren sich Wiens Kinder der gastarbajt. 

    Wir begrüßen auf der RECET-Bühne den Tschuschen-Rapper und Menschenrechtsaktivisten Petar Rosandić aka Kid Pex, die JugoslaWienerin und Schriftstellerin Olja Alvir und den Initiator des Gastarbeiter:innen-Denkmals und Co-Direktor des Museums für Migration Savo Ristić. Moderiert von Miranda Jakiša, die zur Sichtbarkeit von gastarbajt-Kulturen in Wien forscht, diskutieren die vier Jugos die Fragen: Wem gehört die Stadt? Welche Formen des (Re-)Claiming in Kunst und Aktivismus finden statt? Wie prägen Migrant:innen und ihre Nachkommen aktiv die kulturelle und politische Landschaft Wiens? Werden sie als integraler Bestandteil der städtischen Identität anerkannt? Wie und in wessen Namen erheben sie ihre Stimme? Und nicht zuletzt: Warum ist für sie Wien immer auch Beč? 

    Das Gespräch wird begleitet von Liedern der gastarbajt, die der Wiener Aktivist:innen-Chor Hor 29. novembar präsentiert.

    Savo Ristić ist Sohn einer Gastarbeiterfamilie und Aktivist, der sich unermüdlich für ein mutiges Wien der Chancengleichheit und Offenheit einsetzt. Er kämpft als Initiator des Gastarbajteri-Denkmals, das in Wien gebaut werden soll, mit Unterstützung der Volkshilfe Wien und der Community Work seit Jahren dafür, die Geschichte und den Beitrag der Gastarbeiter:innen in der Stadt (endlich) sichtbar zu markieren. Auch als MUSMIG-Co-Direktor (Museum für Migration Österreich) setzt sich Ristić gemeinsam mit einem engagierten Kollektiv an Mitstreiter:innen für die Anerkennung der Migrationsrealität in Österreich ein.  

    Petar Rosandić aka Kid Pex ist „Tschuschen-Rapper“, Menschenrechtsaktivist und Gründer der NGO SOS Balkanroute. Selbst aus dem Krieg im zerfallenden Jugoslawien stammend, nimmt er kein Blatt vor den Mund, wenn es um Österreichs Verantwortung für Migration geht. Bereits mit seiner Rap-Kunst war Rosandić ein Sprachrohr der Wiener Tschuschen (legendär sein: „Keep it Jugo, do it Švabo“). Mit SOS Balkanroute kämpft Rosandić für die Rechte Geflüchteter an der EU-Außengrenze in Bosnien, und scheut auch nicht davor zurück, vor Gericht zu stehen. Seinem investigativen und politischen persönlichen Engagement ist zu verdanken, dass das illegale Abschiebezentrum und Geflüchteten-Gefängnis im bosnischen Lipa verhindert werden konnte. 

    Olja Alvir ist Schriftstellerin, literarische Übersetzerin und Jugologin. Als politische Kommentatorin und Kulturkritikerin publizierte sie Essays und Reportagen u. a. im Migrant:innenressort von Der Standard namens daStandard. Olja Alvir ist Preisträgerin des wirsindlesenswert-Wettbewerbs. Zuletzt erschien ihr mehrsprachiger Gedichtband Spielfeld/Špilfeld/Playground (2022). Sie arbeitete an der Performance STOP – From Macho to Davičo über den jüdisch-jugoslawischen Balletttänzer und Antifaschisten Lujo Davičo mit, der im Wiener brut Theater uraufgeführt wurde. Die „Jugošlawienerin“ promoviert z. Z. an der Universität Wien zu jugoslawischen Partisan:innen und fragt nach einer Aktivierung des antifaschistischen Erbes im Heute.

    Hor 29. novembar trägt das Gründungsdatum Jugoslawiens im Namen. Der Chor ist ein offenes Kollektiv. Jede:r kann mitmachen, wenn der Chor überall HORbar wird: auf der Straße, in der U-Bahn, in Kneipen, Galerien, Rathäusern, Clubs, im Theater… Gesungen werden Arbeiter:innen-, Revolutions- und Partisanen:innen-Lieder in verschiedenen Sprachen, wobei Gesangstalent und Sprachkenntnisse für den Chor, der bewusst den aktivistischen und Amateur-Charakter pflegt, zweitrangig sind. Was zählt, ist vielmehr ein Spirit der Solidarität, des Anti-Faschismus und der Diversität.

    Miranda Jakiša ist Professorin an der Universität Wien und forscht zu gastarbajt-Kulturen und deren symbolischem Kapital. 

    Am 04.06.2025, 19:00 h

    Venue: Campus der Universität Wien („Altes AKH“), Festival-Zelt in Hof 1

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